Sollten IT-Quereinsteiger*innen lieber eine Kurzweiterbildung machen oder gleich studieren?
Auch hier gibt es wieder sehr unterschiedliche Ansichten von “man muss studiert haben” und “Zertfikate sind nichts wert” bis “Engagement und praktisches Lernen bringen mehr als ein Studium”.
Ich persönlich denke nicht, dass es hier eine so einfache Antwort gibt, die ganz allgemein und für alle stimmt, sondern nur Meinungen und Erfahrungswerte. Trotzdem möchte ich dir heute eine Orientierungshilfe bei der Entscheidung mitgeben.
Meiner Ansicht nach kommt es auf zwei Dinge an.
- Wie deine Lebens- oder finanzielle Situation ist
- Was für ein Lerntyp du bist (theorie- oder praxisorientiert)
Zur Lebenssituation
Wenn du noch Zeit, Geld und Lust auf ein Studium hast, ist ein Studium eine gute Wahl, weil du anschließend mit einem breitgefächerten Basis-Wissen einsteigen kannst, das dir in der Praxis oft weiterhelfen wird. Praktisches Programmieren wirst du erst im Beruf lernen, aber gerade dann, wenn du an einem Punkt bist, wo es Zeit wird, methodisch zu denken, können dir die Inhalte aus dem Studium weiterhelfen.
Eine weitere Alternative einer klassischen Ausbildung (in Österreich) wäre ein HTL Kolleg, das es auch Vollzeit und berufsbegleitend gibt, so wie Studien. Aber auch hier musst du 2 Jahre Ausbildungszeit einplanen.
Wenn du mittlerweile eine Lebenssituation hast, in der du einen gewissen Lebensstil erhalten können musst (z. B. mit Wohnung / Haus, Auto, Kinder, etc.) und es mit einem Vollzeit-Studium schwer wird, oder du aus anderen Gründen sehr zeitnah wieder in den Beruf einsteigen musst, ist möglicherweise das Zertifikat oder das Coding Bootcamp die bessere Lösung.
In meinem Fall war das der Grund, warum ich Zertifizierungen anstatt eines Studiums gemacht habe. Als für mich fest stand, dass ich Softwareentwicklerin werden will, war ich damals 37 Jahre alt, hatte 2 Kinder, ein Haus, usw. Ohne zumindest ein Gehalt, würde es sich bei uns finanziell nicht ausgehen. Ein Studium war also damals nicht vorstellbar.

Was manche vielleicht überrascht:
Ich selbst würde gerne noch (fertig) studieren, weil ich eigentlich ein Typ bin, der Theorie mag und braucht, um alle Hintergründe der Praxis zu verstehen und um das Fachvokabular zu haben, das ich mir wünsche.
Somit komme ich zum Lerntyp:
Theorielastiger Lerntyp:
Wenn du so wie ich studieren und theoretisches Wissen liebst und sich ein Studium in deinem Leben verwirklichen lässt, dann go for it!
Wenn sich kein Studium bei dir realisieren lässt, kannst du dir aus den Studienplänen die Fächer heraussuchen, in denen du gerne mehr Wissen hättest. Bei mir sind das gerade Algorithmen und Datenstrukturen, Modellierung und Design Patterns.
Sehr hilfreich ist die kostenlose Lernplattform iMoox, die kostenlose Kurse auf universitärem Niveau, angeboten von verschiedenen Universitäten, zur Verfügung stellt: Startseite | iMooX
Praxisorientierter Lerntyp
Ich kenne aber viele kompetente IT-Fachkräfte, die keine oder eine unabgeschlossene klassische Ausbildung haben, für die das fabelhaft funktioniert hat und die keinen Sinn darin sehen würden, ein Kolleg zu machen, zu studieren oder sich – so wie ich gerade – stundenlang theoretische Konzepte reinzuziehen.
Diese praktischen Lerntypen denken z. B. an ein Projekt, das sie umsetzen wollen und suchen sich dann aus verschiedenen Quellen im Netz zusammen, wie sie es technisch umsetzen können. Diese Taktik hat für sie immer genauso gut funktioniert.
Manche davon können mit den theoretischen Ansätzen eines Studiums so gar nichts anfangen, weil sie kognitiv anders ticken.
Diese Art des Lernens ist übrigens eine, die du als IT-Fachkraft sowieso beherrschen musst, ob mit Vorstudium oder ohne!
In der IT entwickelt sich ständig etwas Neues und wir müssen am Ball bleiben.
Wenn du also praxisorientiert denkst und dich für Studiererei und Theorie nicht begeistern kannst: Wieso dann nicht gleich so?
Ich selbst wäre eigentlich ein Theorie-Junkie, liebe studieren und verstehe gerne alle Hintergründe auf dieser Basis bis in die Tiefe. Mit einem Studium hätte ich mir wahrscheinlich leichter getan oder mich oft souveräner gefühlt.
Dennoch bin ich froh, den Quereinstieg gewagt zu haben, weil ich ganz genau weiß, dass ich endlich im richtigen Beruf gelandet bin. Wo ein Wille ist, da findet sich ein Weg!
Aus meiner Sicht ist die Entscheidung, mit welcher Ausbildung du quereinstiegen willst also nicht so einfach und von verschiedenen Faktoren abhängig, die du für dich analysieren und bedenken musst.
Sprich mit verschiedenen IT-Fachkräften in deiner Umgebung, bilde dir aber deine eigene Meinung und spür nach, bei welchen Ansichten du mehr Resonanz verspürst.
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Rubina Weinzettl ist WebDeveloperin bei
Danuvius Consulting
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